Tofu – ein langweiliges Konglomerat aus Wasser und Pappe mit der einzigartigen Eigenschaft, einfach nach nichts zu schmecken? Bei den TofuTussis aus Berlin sieht das anders aus. Ganz anders. Denn sie stellen frischen, handgemachten Tofu in vielen verschiedenen Varianten her, vom Erdnuss- über Curry Mango- bis zu Algen-Räuchertofu. Das kommt nicht nur auf Berliner Wochenmärkten gut an. Damit sie der hohen Nachfrage nachkommen und bald ganz Deutschland mit ihren Gaumenfreuden beglücken können, befinden sich die beiden Gründerinnen Franzi und Elena gerade in einer Crowdfunding-Aktion. Wir haben uns mit ihnen unterhalten über die Kunst des Tofumachens, Mythen über die Sojabohne und ihre Zukunftspläne.
Hallo und vielen Dank für die Einladung. Bitte stellt euch einmal kurz vor.

Franzi: Ich bin Franzi und von Beruf TofuTussi.
Elena: Ich bin Elena. Wir sind beide Anfang 30 und machen Tofu. Im Juli 2014 haben wir damit angefangen, vorher aber schon total viel rumprobiert. Wir hatten ungefähr ein Jahr Vorlaufzeit, in dem wir mit Rezepten experimentiert und überhaupt erst mal gelernt haben, Tofu zu machen. Wir haben uns das selbst beigebracht, indem wir uns ein Buch gekauft und den Tofu Zuhause in unserer Küche nachgekocht haben.
Was habt ihr eigentlich gelernt?
Franzi: Wir kommen beide aus dem sozialen Bereich. Ich bin Heilerziehungspflegerin.
Elena: Ich bin Sozialarbeiterin. Mein Beweggrund war, dass ich nicht mehr so viel Lust auf soziale Arbeit hatte und lieber etwas Handwerkliches machen wollte. Als ich dann ein Kind bekommen hab, war das die Chance, meine Elternzeit zur Veränderung zu nutzen. Wir sind beide der Meinung, dass man das Lebensmittelhandwerk in Berlin mehr fördern müsste. Das wird immer mehr verdrängt aus der Stadt, und das ist doch eigentlich schade.
Wie ist euch die Idee zu den TofuTussis gekommen?

Franzi: Uns hat die Transparenz gefehlt bei den Tofusorten, die man so kaufen kann im Laden. Wir dachten, es müsste doch möglich sein zu wissen, wo alles herkommt.
Elena: Ja, das ist bei den Sojabohnen immer die Frage, wo die eigentlich herkommen und ob da noch Wälder für gerodet werden mussten oder sie gentechnisch manipuliert wurden. Bei den meisten Firmen ist an diese Infos nicht ranzukommen. Wir haben dann, wie gesagt, angefangen, für uns Zuhause Tofu zu kochen, und der kam ziemlich gut an im Freundeskreis, sodass wir uns dachten „Das ist die Geschäftsidee!“. Wir waren auch der Meinung, wir wären die ersten damit in Berlin, mussten dann aber feststellen, dass wir die zweiten sind.
Wie kamt ihr auf den Namen?
Franzi: Das war eigentlich mehr ein Spaß. Wir dachten uns „Dann sind wir halt die TofuTussis“ und dann blieb’s irgendwie dabei.
Elena: Wir dachten, wir gehen jetzt beruflich in die Ökotussi-Richtung, da schien der Name passend. Er bleibt hängen und wir können damit das altbackene Tofu-Image etwas aufpolieren.
Welche Stationen habt ihr schon erlebt von der Idee bis jetzt?
Franzi: Die Planung war sehr umfassend. Wir mussten uns mit Firmen- und GbR-Gründung auseinandersetzen, Buchführung lernen und Hygieneschulungen mitmachen. Außerdem haben wir Seminare bei der Weiberwirtschaft und der IHK besucht. Wir mussten uns zwangsläufig auseinandersetzen mit Themen wie Steuererklärung und den nötigen Papieren für die Lebensmittelaufsicht. Das war sehr umfangreich.
Elena: Wir hatten Unterstützung von einer guten Freundin, Susanne Appelhanz, die ist Kommunikationsdesignerin und hat uns das Logo entworfen. Sie hilft uns auch bei den Etiketten und den Flyern, das ist uns eine wahnsinnige Hilfe. Der erste große Schritt war dann, eine Küche zu finden, in der wir wirklich produzieren können. Wir hatten Glück, dass wir hier reingerutscht sind und jetzt den Tofu in der Marmeladenmanufaktur herstellen können – wir haben uns praktisch ins gemachte Netz gesetzt mit der eingerichteten Küche hier. Für den Anfang hat es auch gereicht. Der nächste große Schritt war dann, dass wir mit unserem Shop online gegangen sind und offiziell eröffnet waren und unsere Produkte auch von kleineren Shops und Läden angefragt wurden. Mittlerweile sind wir ganz gut im Geschäft. Leider können wir zwar noch nicht davon leben, aber wir können auch der großen Nachfrage momentan nicht nachkommen, weil dafür Zeit, Platz und Geräte in der Küche fehlen.
Franzi: Wir machen das ja auch nicht Vollzeit, wir müssen nebenbei noch mit unseren Jobs Geld verdienen. Das muss alles gerade koordiniert werden und ist ziemlich anstrengend.
Elena: Der ganz, ganz große nächste Schritt wird jetzt unsere eigene Küche. Das hätte ich am Anfang nie gedacht, dass wir uns nach nicht mal einem Jahr schon unsere eigene Küche suchen würden. Wenn wir unsere eigenen Räume haben, dann kann es richtig losgehen.
Welche Produkte bietet ihr an?

Franzi: Tofu. Wir produzieren Tofu, Basistofu natur und geräuchert und jede Menge mit Geschmack. Wir haben einen mediterranen Tofu mit getrockneten Tomaten und Oliven, einen Curry-Mango-Tofu und auch etwas Ausgefallenes wie Kokostofu. Im Sommer bieten wir auch Sojamolke-Drinks an.
Wo kommen eure Zutaten her?
Franzi: Unsere Bio-Bohnen kommen aus Bayern und aus Thüringen.
Elena: Ansonsten versuchen wir immer, regional zu bleiben. Unser Tofu des Monats wird der Bärlauch-Tofu sein, und der Bärlauch dafür wurde in Brandenburg gesammelt. Aber bei Kokos und Curry-Mango ist es leider vorbei mit Regionalität. Die Zutaten kommen aus dem Bio-Großhandel.
Wer denkt sich die Rezepte aus?
Beide: Wir.
Franzi: Wir denken, wir haben einen ganz guten Geschmack und probieren viel rum. Wenn wir einen Neuen kreieren, so wie den Tofu des Monats, können wir viel experimentieren. Wir lassen dann Freunde kosten und erhalten auch Rückmeldung auf den Märkten, was wie gut ankommt. Dann wissen wir, was vielleicht ins feste Programm kommen kann.
Habt ihr auch schon Sachen hergestellt, die überhaupt nicht geschmeckt haben?
Elena: Sicherlich. Man kann sich bei uns den Wunschtofu zusammenstellen, das heißt, man hat einen Basistofu und kann dann wie beim Pizzalieferservice die Wunschzutaten anklicken. Und da haben wir schon die schönsten Sachen gemacht. Es ist alles Geschmackssache, aber ich persönlich würde keinen Tofu mit Agavendicksaft und Knoblauch essen wollen.
Was ist denn der Unterschied zwischen Nigari- und Kombucha-Tofu?
Franzi: Nigari ist ein Bittersalz, das wird traditionell in der japanischen Tofuproduktion verwendet. Kombucha ist mittlerweile als Wellness-Getränk bekannt, das wird mit Grün- und Schwarztee und einem Kombucha-Pilz angesetzt und ist nach zwei Wochen fertig. Wir lassen es aber eine Weile länger stehen, dann wird daraus Essig, den kann man zum Gerinnen von Tofu benutzen, genau wie das Bittersalz. Die Molke, die dabei entsteht, kann man auch trinken, daraus machen wir im Sommer unsere Molke-Drinks.
Was für Feedback bekommt ihr zu euren Produkten?
Elena: Auf den Wochenmärkten sind die Reaktionen durchweg positiv. Was wir oft hören, ist „Ich hätte nicht gedacht, dass Tofu auch gut schmecken kann“. Das haben wir auch selbst erlebt: Frischer Tofu schmeckt völlig anders als eingepackter und haltbar gemachter Tofu. Da geht der natürliche Geschmack der Sojabohne einfach verloren.
Wie kam es dazu, dass ihr hier in der Marmeladenmanufaktur produziert?
Elena: Das war ein glücklicher Zufall. Vor uns war eine Bekannte hier drin, die Catering gemacht hat. Sie hat sich irgendwann eigene Räume gesucht und uns informiert, dass ihr Platz frei wird.
Jetzt habt ihr eigene Räume gefunden. Wo sind die und wie kam es dazu?
Elena: Die sind in der Markthallte 9 in Kreuzberg. Es sind Kellerräume, wir werden im Untergeschoss eine richtige Produktionsküche aufbauen – und zwar wirklich bauen, wir müssen ganz von vorn anfangen mit Elektrik, Wasser, Abwasser und Ausbau. Und wenn wir das hinter uns haben, kommt es erst zu den teuren Geräten. Darum haben wir gerade auch eine Crowdfunding-Aktion am Laufen.
Was hat es mit der Crowdfunding-Aktion auf sich?
Franzi: Die haben wir gestartet, um uns den Traum von der eigenen Produktionsküche zu ermöglichen. In der Markthalle müssen wir den kompletten Ausbau alleine stemmen: Es müssen ein Hygieneraum und ein Lagerraum eingerichtet werden, damit das von der Lebensmittelaufsicht abgenommen wird. Eine Kücheneinrichtung ist auch nicht günstig und auch Produktionsgeräte müssen noch angeschafft werden. Das ist alles ziemlich teuer. Selbst wenn wir den Ausbau weitestgehend allein übernehmen, gibt es genug Arbeiten, für die wir Handwerker brauchen. Unser Ziel ist es, mit der Kampagne 14.000 US-Dollar zusammenzubekommen. Wir haben noch bis zum 25.03. Zeit dafür.
Was haben die Unterstützer davon, wenn sie für euch spenden?
Elena: Ewige Dankbarkeit!
Franzi: Wir haben verschieden Dankeschöns, zum Beispiel Schürzen mit unserem Logo drauf, Bio Fair Trade-T-Shirts, Stofftaschen und Fünfer- oder Zehnerkarten, die man am Stand oder online für Tofu einlösen kann – wir wollen damit die Unterstützung in Tofu zurückzahlen. Und wir bieten auch Tofu-Workshops an.
Gibt es Mythen oder Vorurteile über Tofu, mit denen ihr gern mal aufräumen möchtet?
Franzi: Dass Tofu etwas Fades ist, was nach Pappe schmeckt.
Elena: Und dass Tofu als reiner Fleischersatz für Veganer oder Vegetarier dient. Tofu ist ein leckeres Lebensmittel, das auch Fleischesser gern mal essen. In anderen Ländern ist es sogar gang und gäbe, dass Fleisch mit Tofu kombiniert wird.
Was sind eure persönlichen Lieblingsrezepte mit Tofu?
Elena: Ich liebe Tofu-Champignon-Burger, die ich mit Räuchertofu mache.
Franzi: Ich esse sehr gerne indisches Curry mit Erdnusstofu.
Und womit sollte ein Tofu-Einsteiger am besten anfangen?
Franzi: Er sollte sich eine Tofusorte raussuchen mit einer Geschmacksrichtung, die er selbst auch gern mag und nicht unbedingt mit Naturtofu anfangen, wo man davorsteht und nicht weiß, was man damit tun soll.
Wie sieht ein normaler Tag bei euch aus?
Franzi: Früh aufstehen – wir fangen morgens um acht hier an. Dann wasche ich die Bohnen und Elena schreibt Rechnungen und beantwortet E-Mails. Dann mahle ich die Bohnen und sie schneidet die Zutaten, die reinkommen in den Tofu. Wenn die Milch kocht und es ans Koalieren des Tofus geht, wir also das Gerinnungsmittel einrühren, muss man dabeistehen und aufpassen.
Elena: Dann hetzen wir durch die Gegend, beide mit einem Kochlöffel in der Hand – das ist das reinste Chaos. Ich freue mich schon echt drauf, wenn wir unsere eigene Küche haben und alles nebeneinander genau da steht, wo wir es brauchen. Das wird ein Traum. Nach dem Gerinnen werden die Zutaten in den Sojaquark gerührt und alles in die Pressen gequetscht, danach wird alles zum Abkühlen rausgestellt, in Stückchen geschnitten, eingewickelt und in den Kühlschrank gelegt. Danach müssen wir noch kräftig putzen – wir müssen die Küche ja für den Nächsten sauber hinterlassen. Und abends weichen wir schon die Sojabohnen für den nächsten Tag ein.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Elena: Wir wollen von unserem Geschäft leben können. Wir möchten das wirklich irgendwann hauptberuflich machen. Auf Dauer geht es nicht mit mehreren Jobs und Kind, das ist der totale Stress. Wir möchten vom Tofumachen leben und wenn möglich noch eine Freundin einstellen.
Möchtet ihr zum Abschluss noch etwas sagen?
Franzi: Dass das Lebensmittelhandwerk wirklich unterstützenswert ist. Darum ist es so wichtig, dass wir mit der Crowdfunding-Aktion Erfolg haben, damit wir weiter Tofu in Bio-Qualität herstellen können. Jeder isst gerne etwas Besonderes, und auch kleinere Manufakturen sollten die Chance haben, auf dem Markt zu bleiben.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Tofu-Zukunft!
Fotos: Thomas Räuchle, Patricia Schichl
Text & Interview: Konstanze Renken
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Mehr über die TofuTussis erfahren Sie hier: https://www.tofutussis-berlin.de/
Hier geht’s zur Crowdfunding-Aktion: https://www.indiegogo.com/projects/frischer-handgemachter-bio-tofu-aus-berlin